Mehr Schienen braucht das Land – Mini Express von Moaideas Game Design (Rezension)

Mini Express | Kennerspiel | ab 8 Jahren | 1 bis 5 Spielende | Mark Gerrits | Moaideas Game Design

Züge auf einer Karte der Vereinigten Staaten von Amerika zu platzieren, das lässt an „Zug um Zug“, „Transamerica“ oder „Ultimate Railroads“ denken. Während „Mini Express“ dieses Szenario nicht direkt im Titel trägt, so liegen Vergleiche mit den genannten Titeln nahe. Warum sich der Blick auf dieses schöne Spiel unbedingt lohnt und wie sich das thematisch bei „Mini Express“ darstellt und anfühlt, fasse ich kurz zusammen.

Der Hauptspielplan mit weiterem Spielmaterial liegt auf dem Tisch
Kleine Schachtel – viel drin!

 

Das Spiel
Mini Express
ist ein Kennerspiel von Mark Gerrits und bei Moaideas Game Design erschienen. Es ist für 1-5 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.

In der quadratischen Schachtel steckt eine Menge Spielmaterial drin. Die leuchtenden Farben, eine große Karte – all das macht auf dem Tisch ordentlich was her! Im Grunde sind die Regeln für Mini Express relativ überschaubar. Entweder ich nehme eine Aktie von einer der 4 Gesellschaften, die alle mit verschiedenen Baustoffen handeln, oder ich setze Züge ein und erweitere somit das Streckennetz. Dabei schließe ich wertvolle Industriestandorte an, die meinen Einfluss für die Gesellschaft vergrößern und zeitgleich erhöhe ich den Wert der Aktien der entsprechenden Gesellschaft.

Wenn die Aktien von 2 der 4 Gesellschaften erschöpft sind, weil entweder keine neuen Aktien mehr veräußert werden können oder weil schlicht und ergreifend keine Züge mehr vorhanden sind, mit denen das Streckennetz erweitert werden kann, so wird das Spielende eingeläutet und die aktuelle Runde noch zu Ende gespielt. Abschließend werden die individuell verschiedenen Wertigkeiten der Aktienpakete in Abhängigkeit vom eigenen Einfluss sowie der Firmengröße ermittelt und addiert. Es gewinnt die Person, die hierdurch die meisten Punkte erzielt.

Der Markt der 4 Unternehmen - Züge für die Streckenerweiterung und Aktien für die Punktwertung
Nur 2 Aktionen: Streckennetz erweitern ODER Aktie nehmen (und ggf. Einfluss verlieren) – klingt simpel, oder?

 

Das klingt zunächst relativ simpel und hat es dann doch gehörig in sich. Allein die Entscheidung ob ich den Wert eines Unternehmens durch den Streckenausbau vergrößere oder mir erstmal Anteile sichere um ggf. damit später punkten zu können, ist oft eine knifflige Angelegenheit. Denn nehme ich Aktien, habe ich zwar Anteile am Unternehmen, verliere dafür jedoch Einfluss im selbigen, was den Wert meiner Aktien vorübergehend schmälert. Im Gegenzug vergrößert der Ausbau des Streckennetzes meinen Einfluss im Unternehmen und dessen Wert, nur nützt es mir herzlich wenig wenn ich am Ende keine Aktien davon im Besitz halte.

Detailausschnitt des Spielplans.
Im Südosten wird es eng!

 

Dazu finden sich noch einige Bauregeln für die Erweiterung des Streckennetzes. Nicht alle Städte erlauben mehrere Unternehmen und parallel verlaufende Streckenabschnitte sind ebenfalls profitabel. Zusätzlich darf kein Streckenabschnitt ohne Anschluss an eine Stadt gebaut werden und muss von bereits erschlossenen Städten fortgeführt werden. Je nach ortsansässiger Industrie, die ich so neu ans Netz bringe erhalte ich Einfluss im jeweiligen Unternehmen. Relativ schnell kristallisieren sich so wahre Verkehrsknotenpunkte heraus.

Der separate Spielplan mit den Einflussmarkern.
Einfluss und Streckenlänge – hieraus ermittelt sich am Ende der Wert der einzelnen Aktien.

 

Mitten drin im Spiel und Gedanken vertieft wird plötzlich der erste Aktienstapel leer und auch recht schnell der zweite, dann heißt es auch schon Punktezählen. Hierbei ist nun die Reihenfolge auf der Einflussleiste von Bedeutung: Jede Aktie der höchstplatzierten Person ist etwas mehr wert als jede Aktie der zweithöchsten und den übrigen platzierten Personen. Es stellt sich nun die Frage: Reicht hier Masse statt Klasse aus? Sprich viele Aktien, wenig an Wert, oder wenige und dafür gutdotierte Aktien? Das mag von Partie zu Partie variieren und fühlte sich im Test immer mehr nach weniger und dafür gut dotiert an. Finde es am besten selbst heraus, bei einer Partie „Mini Express“!

Rückseite des Spielplanes zeigt eine alternative Variante des Spiels. Dann wird in Europa gespielt.
Auf der Rückseite wird Europa gespielt – wiedereinmal ist die Stadt Essen mit von der Partie …

 

In einer kleinen quadratischen Schachtel – kleiner als die vom Spiel des Jahres 2022 „Cascadia“ – findet das Spielmaterial Platz. Für den Spielaufbau gibt es einen Stoffbeutel und sowohl die Züge als auch das gesamte Spielmaterial, egal ob aus Holz oder Karton, sind von guter Qualität. Die farbenfrohe Illustration ist zweckmäßig und zeigt schöne Piktogramme der sechseckigen Stadtgeländefelder. Auf der Rückseite des Spielplanes gibt es eine weitere Karte: Europa. Hier findet fast schon standardmäßig die Stadt Essen ihren Platz auf einer Karte in Europa. Warum? Essen ist jedes Jahr Anfang Oktober der Ort der weltweit größten Besuchermesse für Brettspiele, die SPIEL! Neben diesem für Brettspieler wichtigen Detail bietet die Europaversion auch noch einige Variationen des Spiels – für Abwechslung ist also gesorgt!

 

Fazit
„Mini Express“ überrascht mich auf sehr angenehme Art und Weise. Vom Spielmaterial und der schönen Illustration angefangen über die Spielregel fortgesetzt bis hin zum sich schnell einsetzenden Spielgefühl ständig zwischen 2 lohnenden Optionen wählen zu dürfen und das eine oder andere Mal dabei einen Schritt zu spät zu kommen. „Mini Express“ zeigt außerdem, dass es nicht viele Regeln braucht um einen Wettstreit zu entfachen und ihn am Laufen zu halten, denn den Großteil der Punkte gibt es erst am Ende des Spiels. Zwar ist das Wertungstableau mit den Einflusssteinen sowie dem Wert des Unternehmens, gemessen an der Streckenlänge, für jeden einsehbar – es bleibt dennoch spannend bis zum Schluss. Uns trennten jeweils wenige Punkte am Ende.

Durch den einfachen Mechanismus und dieses Gefühl, bei dem alle Personen am gleichen Streckennetz bauen, bin ich gedanklich schnell bei „Transamerica“ und das wusste seinerzeit ordentlich zu fesseln! Generell gelingt es „Mini Express“ das Thema Aktien und Aktienwert auf eine wohltuend abstrakte Art und Weise zu implementieren, so dass ich mich voll und ganz auf den Ausbau des Schienennetzes konzentrieren kann. Dabei ist ein Hauch von Planung ebenso erwünscht wie das gesunde Bauchgefühl. Denn trotz Grübelei dauerte eine Partie selten mehr als die angegebenen 45min – da bleibt Zeit für eine Revanche.

Auch wenn das Thema und die Mechanik generationenübergreifend Anklang finden dürften, so stellen die vielen kleinen Züge eher ein Hindernis dar. Die Altersempfehlung vom Verlag zum Einstiegsalter ab 8 Jahren ist sicher nichts für Einsteiger. Kinder mit Erfahrungen im Kennerspielbereich können da durchaus in so eine Partie „Mini Express“ hineinwachsen. Letzte Anmerkung zum Spiel – da Moaideas Spiele für den asiatischen Markt und international auf englisch bereitstellt, ist hier Fremdsprachenkenntnis für’s Regelstudium erforderlich, das Spiel selbst ist komplett sprachneutral und besticht durch eine klare und einfach gehaltene Ikonographie.

 

Bewertung / Test
+ Schönes Spielmaterial in guter Qualität
+ Übersichtliche Ikonographie und Ablauf eines Spielzuges
+ Einfaches Spielprinzip, das rasch fesselt
+/- Sehr hohes Gewicht auf der Wertung am Spielende

 

(Eine Rezension von Tobias Mallock)

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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Mini Express (2021)

Spielidee: Mark Gerrits
Grafik: n/a
Verlag: Moaideas Game Design
Anzahl der Spielenden: 1 – 5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 – 45 Minuten

Generationentauglichkeit: Ziemlich kleinteilig und es wird eng auf dem Plan. Eher nicht geeignet.